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"Vielleicht stehen wir nicht vor dem Great Reset, sondern an der Schwelle zum Great Awakening?" (aus einer Leserzuschrift)

     
  Deutschland ruinieren ist alles, was diese unverbesserlichen Nazifanatiker können ...  
     
 

„Kriegstüchtigkeit“ als Handlungsmaxime

Neue Verteidigungspolitische Richtlinien verlangen von der Bundeswehr „Kriegstüchtigkeit“ und orientieren auf Krieg mit Russland. Berlin erhofft sich auch militärischen Machtzuwachs in NATO und EU.

German Foreign Policy

 

Die Bundesregierung will die deutsche Armee weiter für einen möglichen Krieg gegen Russland um- und hochrüsten. Dies geht aus den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien hervor, die Verteidigungsminister Boris Pistorius in der vergangenen Woche vorgelegt hat. Demnach verschreibt sich Berlin unverändert dem Aufbau militärischer Stärke und erklärt die „Abschreckung“ gegenüber Moskau zum Kernauftrag der Bundeswehr. Von etwaigen Verhandlungslösungen und Deeskalation ist in dem Papier nicht die Rede. Unter Verschweigen des NATO-Angriffskrieges gegen Jugoslawien im Jahr 1999 heißt es, Russland habe Anfang 2022 den Krieg nach Europa zurückgebracht; deshalb müsse Deutschland so schnell wie möglich „kampfbereit“ werden. Die beiden Kernpunkte des Dokuments – der Ausbau der nationalen militärischen Fähigkeiten sowie die Ausrichtung der Bundeswehr auf einen Krieg mit Russland – stellen dabei keine „Wende“ in der deutschen Militärpolitik dar. Beides treibt die Regierung seit Jahren, über mehrere Legislaturperioden hinweg, kontinuierlich voran. Auf der Grundlage neuer militärischer Stärke beansprucht Berlin eine militärische Führungsrolle in Europa und „Gestaltungsmacht“ in der NATO.

 

„Jederzeit kampfbereit“

 

Die Bundeswehr sei ein „Kerninstrument“ der deutschen Sicherheitspolitik, heißt es in den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien.[1] Statt auf Diplomatie setzt die Bundesregierung demnach auf „umfassende militärische Vorbereitung bereits im Frieden“. Sie erhebt den „Anspruch gesicherter militärischer Handlungsfähigkeit“ und erklärt „Kriegstüchtigkeit“ zur übergeordneten „Handlungsmaxime“. „Im Zentrum aller Initiativen und Maßnahmen“ müsse das Ziel stehen, „die Einsatzfähigkeit“ der deutschen Armee „insgesamt weiter zu erhöhen“, heißt es in dem Papier; man benötige eine „voll ausgestattete sowie dauerhaft und jederzeit einsatz- und kampfbereite Bundeswehr“. Maßstab sei „die Bereitschaft zum Kampf mit dem Anspruch auf Erfolg im hochintensiven Gefecht“. Dazu will Berlin die Infrastruktur der Bundeswehr „beschleunigt“ modernisieren und „ausbauen“, „Produktions- und Lagerkapazitäten bei Beschaffung von Waffensystemen, Ausrüstung, Verpflegung, Munition und Betriebsstoffen“ steigern sowie eine „starke nationale und europäische Rüstungsindustrie“ aufbauen. Die „zentrale Herausforderung“ sieht das Verteidigungsministerium darin, ausreichend Soldaten zu finden. Um die gewünschte Steigerung der militärischen Schlagkraft erreichen zu können, kündigt das Ministerium eine dauerhafte Erhöhung des Wehretats auf „mindestens“ (!) zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung an.

 

Sieg über Russland

 

Im Zuge des Fähigkeitsaufbaus will Berlin die Bundeswehr noch weiter auf die sogenannte Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten, die sie in den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien zum „Kernauftrag“ der Bundeswehr erklärt. Die sich daraus ergebenden Anforderungen an das Militär seien „strukturbestimmend“. Die bisherige Ausrichtung der Bundeswehr auch auf „weltweite Einsätze zum internationalen Krisenmanagement“ müsse „umgekehrt“ werden, wenngleich Militärinterventionen in Deutschlands „unmittelbarem Sicherheitsumfeld in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten, in der Arktis sowie im Indopazifik“ „weiterhin unverzichtbar“ seien. Der Ukraine-Krieg zeige, dass die Bundesrepublik ihr militärisches Potenzial „am Szenario des Kampfes gegen einen mindestens ebenbürtigen Gegner ausrichten“ müsse; gemeint ist Russland. Mit den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien legt Berlin seinen sicherheitspolitischen „Fokus“ ausdrücklich „auf die Sicherheit vor der Russischen Föderation“. Das Papier diagnostiziert eine „unmittelbare Bedrohung für die Souveränität und territoriale Integrität Deutschlands“. Der „euroatlantische Raum“ müsse deshalb der „klare Schwerpunkt“ der „Kräftebindung“ der Bundeswehr sein. Es werde eine „verstetigte Präsenz an der NATO-Außengrenze in neuer Qualität“ geben. Die Stationierung an der NATO-Ostflanke werde, so heißt es weiter, für die Bundeswehr künftig zur „Norm“. Die Fähigkeit zur Verlegung und Versorgung „durchhaltefähiger Kräfte“ müsse sichergestellt werden. „Leuchtturmprojekt“ sei die geplante permanente Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen. Zur „Auseinandersetzung“ mit Russland heißt es im Grundsatzdokument der deutschen Sicherheitspolitik: „Wir wollen … nicht nur gewinnen, sondern wir müssen“. Dem Sieg über Russland seien „alle weiteren Aufträge und Aufgaben … nachgeordnet“.

 

Die erste Militärstrategie

 

Mit den Verteidigungspolitischen Richtlinien knüpft das Verteidigungsministerium an die im Sommer veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie an und ersetzt nach eigenen Angaben das Weißbuch zur Sicherheitspolitik von 2016 und die Konzeption der Bundeswehr von 2018. Die grundsätzlichen strategischen Überlegungen der Verteidigungspolitischen Richtlinien will das Ministerium in einem nächsten Schritt konkret in Waffen, Struktur und Personal der Bundeswehr umsetzen. Dazu kündigt es eine Aktualisierung des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr von 2018 sowie erstmalig eine Militärstrategie an.[2] Die Verteidigungspolitischen Richtlinien stellen dabei zwar eine Eskalation, aber keineswegs eine Wende in der deutschen Außen- und Militärpolitik dar.

 

Militärpolitische Kontinuitäten

 

Bereits in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 erhob die Bundesrepublik den Anspruch, ihren „ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ bei Bedarf auch militärisch durchzusetzen. Damals erklärte sie Interventionskriege außerhalb des Bündnisgebiets zur „Schwerpunktaufgabe“ [3] der deutschen Armee und verschrieb sich einem entsprechenden Aufbau militärischer Fähigkeiten. Darauf aufbauend erklärte Berlin mit den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien aus dem Jahr 2011 die Bundeswehr ganz selbstverständlich zur „Armee im Einsatz“. Gestützt auf die wachsende militärische Stärke, verkündeten führende deutsche Politiker unter dem Schlagwort „Neue Macht, Neue Verantwortung“ im Oktober 2013 einen neuen deutschen Machtanspruch.[4] Als im Jahr darauf die Ostexpansion der EU in einen Bürgerkrieg in der Ukraine mündete, traf Berlin eine strategische Richtungsentscheidung. Seitdem steht der militärische Fähigkeitsaufbau Deutschlands unter dem Vorzeichen eines drohenden Krieges mit Russland. Im Weißbuch von 2016 und in der Konzeption der Bundeswehr von 2018 war der Bedeutungszuwachs der „Landes- und Bündnisverteidigung“ gegenüber Interventionskriegen außerhalb des Bündnisgebietes bereits enthalten. Die jetzt präsentierten neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien sind lediglich der jüngste Schritt auf dem bereits 2014 eingeschlagenen Weg. An dem 2013 öffentlich formulierten übergeordneten Ziel, eine militärisch untermauerte Machtpolitik auch an anderen Kriegsschauplätzen treiben zu können, ändert die strategische Fokussierung auf den Einflusskampf mit Russland allerdings nichts.

 

Nationale Ambitionen

 

Seine Aufrüstung betreibt Berlin seit der 2014 erfolgten Schwerpunktverschiebung hin zur „Landes- und Bündnisverteidigung“ zunehmend im Rahmen der NATO-Vorgaben. Mit der „Erfüllung der Deutschland zugewiesenen NATO-Fähigkeitsziele“ [5], die die Verteidigungspolitischen Richtlinien beschwören, trägt die Bundeswehr allerdings erklärtermaßen auch zur „langfristigen, nationalen Fähigkeitsentwicklung“ und damit zum militärischen Erstarken Deutschlands bei. Dementsprechend tritt die Bundesrepublik ihren Verbündeten in Europa und den USA in dem Papier mit einem neuen Selbstbewusstsein gegenüber: Sie meldet „Führungswillen“ an, sieht sich in einer „Führungsverantwortung“ und erhebt nicht nur innerhalb der EU, sondern auch für die NATO Anspruch auf eine „gestaltende Rolle“. Die Bundeswehr solle „rasch“ eine „der leistungsfähigsten Streitkräfte in Europa“ werden, um nicht nur „militärischer Anlehnungspartner in Europa“, sondern sogar „Grundpfeiler der konventionellen Verteidigung“ Europas zu werden, heißt es in den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien. Mit dem Dokument erklärt Berlin den erwähnten machtpolitischen Kurs zur Grundlage seiner Sicherheitspolitik, dies in vollem Bewusstsein, dass daraus für Deutschland „in besonderem Maße eine Bedrohung“ erwachse – „auch militärisch“.

 

[1] Verteidigungspolitische Richtlinien 2023. Bonn, November 2023.

[2] Neue Verteidigungspolitische Richtlinien fordern kriegstüchtige Bundeswehr. bmvg.de 09.11.2023.

[3] Verteidigungspolitische Richtlinien. Bonn, 26. November 1992.

[4] S. dazu Die Neuvermessung der deutschen Weltpolitik.

[5] Verteidigungspolitische Richtlinien 2023. Bonn, November 2023.

 
     
  erschienen am 13. November 2023 auf > GERMAN-FOREIGN-POLICY > Artikel  
  Archiv > Artikel von German-Foreign-Policy auf antikrieg.com  
  Herzlichen Dank den Kollegen von German-Foreign-Policy für die freundliche Überlassung des Artikels!  
     
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Dieser ungeheuerliche Bruch mit der zeitgemäßen Zivilisation beweist eindeutig, dass die sogenannte westliche "Kultur" mitsamt ihren "Werten" ("Menschenrechte", "Rechtsstaat" usw.) keinen Pfifferling wert ist, zumal deren "Hüter" zu diesen skandalösen Vorgängen schweigen.

Was der neue König dazu sagt? Ob er die Absicht hat, zum Auftakt seiner Regentschaft nicht Gnade vor Recht, sondern Recht vor Unrecht ergehen zu lassen?

Klaus Madersbacher, antikrieg.com

 
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Das ist die Politik der Europäischen Union, die offenbar von bestimmten Interessengruppen gelenkt wird und sich aufführt wie die Vereinigte Kolonialverwaltung der europäischen Ex-Kolonialmächte. Warum unsere politischen Vertreter nicht gegen diese kranke und abwegige, für keinen vernünftigen Menschen nachvollziehbare Politik auftreten, fragen Sie diese am besten selbst!

 
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