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  WikiLeaks ist eine der wenigen Quellen, wo man die Wahrheit erfährt. Julian Assange anzupatzen ist eine Schande

John Pilger

 

Letzten Dezember stand ich mit Unterstützern von WikiLeaks und Julian Assange in der bitteren Kälte vor der Botschaft von Ecuador in London. Kerzen wurden angezündet, die Gesichter waren jung und alt und kamen aus aller Welt. Sie waren dort, um ihre Solidaridät mit einem zum Ausdruck zu bringen, dessen Courage sie bewunderten. Für sie gab es keine Zweifel an der Wichtigkeit dessen, was Assange enthüllt und erreicht hat, und an den großen Gefahren, mit denen er jetzt konfrontiert war. Ganz und gar fehlten Lügen, Gehässigkeit, Eifersucht, Opportunismus und pathetischer Hass von ein paar wenigen, die für sich das Recht beanspruchen, die Grenzen einer informierten öffentlichen Debatten abzustecken.

Diese öffentlichen Kundgebungen von warmer Zuneigung für Assange sind üblich, und selten wird darüber berichtet. Ein paar tausend Menschen füllten die Stadthalle in Sydney, wobei hunderte auf den Straßen davor standen. In New York bekam Assange vor kurzem den Yoko Ono Lennon Courage Award. Im Publikum befand sich Daniel Ellsberg, der alles riskiert hatte, um die Wahrheit über die Barbarei des Vietnamkriegs ans Licht zu bringen.  

Wie Jemima Khan verloren der investigative Journalist Philipp Knightley, der bekannte Filmregisseur Ken Loach und andere Geld von der Kaution, die sie für Assange bezahlt hatten. „Die Vereinigten Staaten von Amerika sind darauf aus, jemanden zu vernichten, der ihre schmutzigen Geheimnisse enthüllt hat,“ schrieb mir Loach. „Auslieferung via Schweden ist mehr als wahrscheinlich ... ist es schwierig zu wählen, wen man unterstützen soll?“

Nein, das ist nicht schwierig.

Im New Statesman beendete Jemima Khan letzte Woche ihre Unterstützung für einen epischen Kampf um Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit mit einem Artikel über den Gründer von WikiLeaks. Laut Khan wurden die Ellsbergs und Yoko Onos, die Loaches und Knightleys und die zahllosen Menschen,die sie repräsentieren, hinters Licht geführt. Wir alle „tragen Scheuklappen“. Wir alle sind „geblendet“. Wir alle sind gedankenlose „Anhänger“. Wir alle gehören einem „Kult“ an. In den Schlussworten ihres j’accuse beschreibt sie Assange als „einen australischen L. Ron Hubbard“. Sie muss gewusst haben, dass das als Zugabe eine Schlagzeile abgeben würde, was dann auch quer durch die australische Presse der Fall war. 

Ich respektiere Jemima Khan für ihre Unterstützung humanitärer Anliegen, zum Beispiel der Palästinenser. Sie unterstützt den Martha Gellhorn-Preis für Journalismus, in dessen Jury ich sitze, wie auch meine eigenen Filme. Ihr Angriff auf Assange jedoch ist fadenscheinig und richtet sich an einen bestimmten einschlägig bekannten Personenkreis, dessen Courage über Smartphones gespielt wird.

Khan beschwert sich, dass Assange sich weigerte, in dem Film über WikiLeaks des amerikanischen Regisseurs Alex Gibney, an dem sie als „Produzentin“ mitwirkte. Assange wusste, dass der Film weder „nuanciert“ noch „fair“ sein noch „die Wahrheit sagen würde,“ wie Khan schrieb, und dass allein schon sein Titel „Wir stehlen Geheimnisse: die Geschichte von WikiLeaks“ ein Zugeständnis war an die Produzenten einer manipulierten Anklage wegen Begehung eines Verbrechens, die ihn in eines der amerikanischen Höllenlöcher bringen könnte. Nachdem er Hacklschmeisser und Wendehälse interviewte, stellt Gibney Assange als paranoid hin. DreamWorks produziert auch einen Film über den „paranoiden“ Assange. Oskars stehen schon bereit ... 

Khans und Gibneys Attacken ergeben, dass Ecuador ihm Asyl ohne Beweise gewährt hat. Die Beweise sind umfangreich. Assange wurde zum offiziellen „Feind“ eines Staates erklärt, welcher foltert, mordet und raubt. Das ergibt sich eindeutig aus offiziellen Akten, die unter dem Auskunftsgesetz herausgerückt werden mussten, welche Washingtons „beispiellose“ Verfolgung erkennen lassen, zusammen mit der Aufgabe ihres Bürgers durch die australische Regierung: eine gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Asyl.

Khan bezieht sich auf eine „lange Liste“ von Assanges „vor den Kopf gestoßenen und desillusionierten Verbündeten“. Fast keiner war je ein Verbündeter. Bei den meisten dieser „Verbündeten“ und Assangehassern sticht hervor, dass sie dieselben Symptome einer steckengebliebenen Entwicklung zur Schau stellen, die sie einem Mann zuschreiben, dessen Ausdauer und guter Humor unter extremem Druck denen augenscheinlich sind, denen er vertraut.

Ein weiterer auf der „langen Liste“ ist der Anwalt Mark Stephens, der ihm nahezu eine halbe Million Pfund für Gebühren und Kosten in Rechnung stellte. Diese Rechnung wurde bezahlt aus der Anzahlung für ein Buch, dessen nicht autorisiertes Manuskript von einem weiteren „Verbündeten“ ohne Assanges Wissen und Genehmigung publiziert wurde. Als Assange seine rechtliche Verteidigung Gareth Peirce übergab, Britanniens führender Menschenrechtsanwältin, fand er eine wahre Verbündete. Khan erwähnt in keiner Weise die ausreichenden unwiderlegbaren Beweise, die Peirce der australischen Regierung vorlegte, indem sie warnend darauf hinwies, wie die Vereinigten Staaten von Amerika absichtlich ihre Auslieferungsbegehren mit laufenden Verfahren „synchronisierten“ und dass ihr Klient mit einem schwerwiegenden Justizirrtum und persönlicher Gefahr konfrontiert war. Peirce sagte zum australischen Konsul in London persönlich, sie kenne wenige Fälle, die so erschreckend sind wie dieser.  

Es ist ein Ablenkungsmanöver, ob Britannien oder Schweden die größte Gefahr bilden, Assange an die Vereinigten Staaten von Amerika auszuliefern. Die Schweden haben alle Ansuchen abgelehnt, dafür zu garantieren, dass er nicht unter einem Geheimabkommen mit Washington überstellt wird, und es ist die politische Exekutivgewalt in Stockholm mit ihren engen Verbindungen zur extremen Rechten in Amerika und nicht die Gerichte, die diese Entscheidung treffen wird.

Khan ist richtig besorgt um eine „Auflösung“ der Beschuldigungen wegen sexueller Verfehlungen in Schweden. Zieht man den Vorhang aus Falschheiten zurück, die in den Beweisen zu diesem Fall präsentiert worden sind, dann bleibt, dass beide Frauen einvernehmlich Sex mit Assange hatten und keine etwas anderes behauptete, und dass die Stockholmer Staatsanwältin Eva Finne das Verfahren praktisch einstellte.

Katrin Axelsson und Lisa Longstaff von Women Against Rape (Frauen gegen Vergewaltigung) schrieben im August 2012 in The Guardian: „… die Anschuldigungen gegen Assange sind ein Rauchschleier, hinter dem eine Reihe von Regierungen versucht, rigoros gegen WikiLeaks durchzugreifen, weil diese mutig ihre geheimen Planungen von Kriegen und Okkupationen mit den dazugehörigen Vergewaltigungen, Morden und Zerstörungen vor der Öffentlichkeit enthüllt haben ... 

„Die Behörden kümmern sich so wenig um Gewalt gegen Frauen, dass sie Beschuldigungen wegen Vergewaltigung beliebig manipuilieren ... [Assange] hat klargemacht, dass er für eine Befragung durch die schwedischen Behörden zur Verfügung steht, in Britannien oder via Skype. Warum weigern sie sich, diesen wesentlichen Schritt für ihre Untersuchung zu setzen? Wovor haben sie Angst?“

 
     
  erschienen am 18. Februar 2013 auf > www.antiwar.com > Artikel  
  Archiv > Artikel von John Pilger auf antikrieg.com  
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